Sehr geehrte Sportfernseh-Interessierte, sehr geehrte Podiumsteilnehmer, lieber Herr Schimon, sehr geehrte Damen und Herren,
als sportpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion darf ich Sie ganz herzlich zu unserer Podiumsdiskussion „Die Zukunft des Sportfernsehens“ begrüßen und freue mich sehr über Ihr Interesse!
Das Thema ist aktueller denn je: Immer weniger Sportarten werden live und umsonst im öffentlichen Fernsehen gezeigt, der Zuschauer muss vielmehr dafür bezahlen oder Online-Dienste nutzen, wenn er seinen Lieblingssport sehen möchte. In erster Linie denkt man dabei an Fußball. Gerade erst im Sommer wurde bekannt gegeben, dass die Champions League künftig nicht mehr im Free-TV gezeigt wird. Aber auch andere - kleinere - Sportarten sind betroffen. Die Handball-WM im Januar wurde beispielsweise nur noch auf YouTube mit Unterstützung eines Sponsors gezeigt. Erst nach langen Verhandlungen werden die Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang im Februar nächsten Jahres nun doch noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt - nachdem ursprünglich der US-Konzern Discovery Communications die europäischen TV-Rechte an den Spielen von 2018 bis 2024 für 1,3 Milliarden Euro erworben hatte. ARD und ZDF konnten jedoch eine Sublizenz erwerben. Sie merken, sehr geehrte Damen und Herren, es sind hier enorme Summen im Spiel - es geht um sehr viel Geld!
An diesem Kuchen wollen natürlich möglichst viele mitverdienen. Immer neue Anbieter drängen in den Markt und bringen die Mediensport-Landschaft in Bewegung. Die „klassische Sportübertragung“ mit ihren traditionellen Verbreitungswegen (wie Fernsehen oder Radio) gilt nicht mehr und ist auf dem Prüfstand. Neben Fernsehsendern bieten zukünftig auch Unternehmen wie Facebook, Twitter oder Google als auch Streaming-Dienste, wie DAZN (eine Tochter der englischen Performgroup) bei der Rechtevergabe mit, so dass bestimmte Sportarten nur noch im Internet gezeigt und angeschaut werden können. Beispielsweise hat DAZN in der nächsten Rechteperiode einen Teil der Fußballbundesliga in ihr Angebot geholt. Dabei wird das große Ganze in immer kleinere Stücke aufgeteilt. Im Mittelpunkt steht dabei der Zuschauer oder - besser gesagt - Nutzer, in deren Umfeld mit Werbung Geld verdient werden kann.
Auf der einen Seite scheint dies eine völlig logische Entwicklung der heutigen Zeit zu sein. Immer mehr Menschen sind online, nutzen ihr Smartphone und suchen sich ihre Informationen im Netz. Laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2017 sind 62,4 Millionen Menschen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren „online“, dies entspricht einem Anteil von 89,8 Prozent. Täglich nutzen rund 72 Prozent bzw. 50,2 Millionen Menschen die Online-Medien. Fernsehsendungen im Netz werden dabei immer beliebter und die Reichweite der kostenpflichtigen Video-Streamingdienste steigt deutlich an. Gerade junge Online-Nutzer, die 14- bis 29-Jährigen, nutzen die Streamingdienste wie Amazon Prime und Netflix, um sich amerikanische oder internationale Filme und Serien anzuschauen. Im Vergleich zum klassischen Fernsehen spielen jedoch die Streamingdienste in der Gesamtbevölkerung noch eine geringe Rolle - dies kann sich allerdings bald ändern, der Markt ist im Umbruch.
Auf der anderen Seite wirft die Entwicklung, dass viele Sportarten nicht mehr frei im Fernsehen, sondern nur noch gegen Bezahlung im Internet zu sehen sind, Bedenken und Probleme auf. Gerade die Übertragung von Olympischen Spielen hat eine besondere Bedeutung: Sie sind ein besonderes gesellschaftliches Ereignis und ihre vielfältigen Sportarten verbinden die Menschen miteinander. Dies zusammengenommen hat eine große Zugkraft bei den Zuschauern. Die olympischen Sportlerinnen und Sportler werden in vielen Fällen von öffentlichen Geldern unterstützt und die Zuschauern haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie und zu welchem Zweck ihre Mittel eingesetzt wurden. Auch die freie Übertragung der Paralympics spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, behinderten Menschen einen gleichberechtigten Platz in unserer Gesellschaft einzuräumen. Hier wird gezeigt, zu welchen tollen sportlichen Leistungen sie in der Lage sind!
Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen gesetzlich eingeräumten Bildungsauftrag, diesem müssen sie in vollem Umfang nachkommen können - auch ohne vorher hohe Summe für Übertragungsrechte bezahlt zu haben. Auch kleinere Sportarten müssen in ihrer ganzen Breite gezeigt werden. Selbstverständlich müssen sie dafür auch ihre Hausaufgaben machen und die Menschen mit ihrem Angebot erreichen - vor allem auch junge Menschen. Dazu gehört es, ein attraktives Mediathek-Angebot bereitzuhalten und sich in den sozialen Netzwerken zu engagieren.
Auch der Sportjournalismus hat es in diesem Zusammenhang nicht leicht, dabei kommt ihm in dieser neuen Fernsehwelt eine wichtige Rolle zu: Die neuen Angebote müssen seriös bewertet und eingeordnet, Fakten unabhängig recherchiert sowie vorhandene Informationen kontrolliert werden. Diskussionen um das russische Staatsdoping oder die Korruption der Fifa belegen die wichtige Funktion des Sportjournalismus.
Meine Damen und Herren, Sport hat eine herausragende gesellschaftspolitische Bedeutung. Durch Sport können grundsätzliche Werte wie Toleranz und Fairness vermittelt werden, er führt Menschen unterschiedlicher Kulturen und sozialer Hintergründe zusammen. All dies sollen die Zuschauer auch kostenlos vor dem Fernseher oder dem Radio erfahren dürfen, damit sie vielleicht Lust bekommen, auch selbst sportlich aktiv zu werden. Der Gegensatz zwischen „wirtschaftlichen Interessen“ und „freies Fernsehen für alle“ ist groß und nicht leicht aufzulösen. Gleichzeitig ist die neue mediale Entwicklung aber Realität, vor der wir die Augen nicht verschließen dürfen. Wie gehen wir mit dieser neuen Entwicklung um? Was heißt das für uns Politiker? Wie müssen wir reagieren? Welche Handlungsoptionen ergeben sich daraus für die Politik?
Viele Fragen, auf die es eine Antwort zu finden gilt - noch stehen wir am Anfang dieser neuen Entwicklung! In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine spannende, konstruktive Diskussion und freue mich nun auf die Beiträge der Podiumsteilnehmer!