Sehr geehrte Frau von Pappenheim, liebe Mitglieder des Gehörlosenverbands München und Umland, verehrte Gäste, ich freue mich sehr, dass ich heute mit Ihnen gemeinsam das Neue Jahr einläuten darf.
Als mein Sohn als Bub die inklusive Ernst-Barlach-Schule besuchte, habe ich zwei Dinge bemerkt und gelernt: Erstens, Inklusion ist etwas sehr natürliches – wenn, zweitens, die Rahmenbedingungen stimmen. Die Rahmenbedingungen dafür, dass alle Menschen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen im gleichen Maß am gesellschaftlichen Alltag teilhaben können, sind unter dem großen Begriff „Barrierefreiheit“ subsumiert.
Das geht von einer Wohnung, die für jedes Alter und jede Beweglichkeit taugt, bis hin zu Induktionsschleifen in Krankenhäusern, Bürgerhäusern und Konzertsälen.
Mein Sohn ist inzwischen erwachsen. Aber ich habe mich seit dieser Zeit als Kommunal- und später als Landes-Politikerin zusammen mit vielen Mitstreitern immer aktiv dafür eingesetzt, dass die Barrieren in München und in Bayern weniger werden – vor allem solche, die mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind.
Ich bin dem Gehörlosenverband München und Umland e.V. besonders dankbar für die Brücken, die er zwischen Hörenden und Gehörlosen baut – und für unser langes und erfolgreiches gemeinsames Engagement. Wir haben schon viel auf den Weg gebracht: Im vergangenen Jahr z.B. haben wir ein Gespräch mit den Städtischen Kliniken eingefädelt, um die Barrieren für Gehörlose in den Krankenhäusern zu reduzieren. Im VdK möchten wir eine Beratung für Gehörlose initiieren. Auch im Bereich Kultur bleibe ich dran – ebenso die SPD-Fraktion im Stadtrat, die jüngst einen Antrag zur Finanzierung von Gebärdendolmetschern bei Kulturveranstaltungen gestellt hat. Auf Bundesebene ist das Bundesteilhabegesetz ein Schritt in die richtige Richtung hin zu mehr Teilhabe im Gesellschafts- und im Arbeitsleben.
Als Präsidentin des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Bayern e.V. setze ich alles daran, Gehörlose auch im Sport mitten hinein zu nehmen – in die Wettbewerbe, in die Aktionen und in das Erleben von Spiel und Spannung. Gemeinsam stark sein, das ist mein Ziel. Neben den Deaflympics müssen gehörlose Leistungssportler zunehmend die Möglichkeit haben, sich mit hörenden Athleten in ihrem Leistungsspektrum zu messen. Inklusion ist keine Einbahnstraße, deshalb gilt es auszuloten, wo und wie gemeinsame Wettkämpfe zu gestalten sind. Das gleiche gilt für den Breitensport. Gehörlose sollten an den Sportangeboten in ihrem Wohn- oder Arbeitsumfeld teilhaben können. Hier möchte ich gemeinsam mit Ihnen niederschwellige, leicht umsetzbare Kooperationen finden.
Trotzdem – wir sind noch weit davon entfernt, dass Gehörlose in Deutschland, in Bayern und auch in unserer Münchner Stadtgesellschaft nicht nur am Rande „mit dabei“ sind, sondern aktiv daran teilhaben, in allen Facetten: im öffentlichen Raum, in Freizeit und Sport und beim Genuss des großen kulturellen Angebots.
Kommunikation ist das Herz menschlicher Begegnungen. Lassen Sie uns auch in diesem Neuen Jahr weiter gemeinsam dafür streiten, dass diese Kommunikation für alle möglich, offen und zugänglich ist.
Ihre Diana Stachowitz, MdL