Sehr geehrter Herr Becker, sehr geehrte Frau Lederle, liebe Mitarbeiter des Pflegezentrums Moosach, sehr verehrte Gäste,
Pflege ist DAS Thema, das jeden Einzelnen von uns betrifft. Als Kinder erleben wir die Pflegebedürftigkeit der Großeltern, als Erwachsene begleiten wir unsere Eltern, und irgendwann sind wir dann selbst auf Pflege angewiesen.
Wir alle wünschen uns natürlich, dass unsere Angehörigen professionell betreut und gepflegt werden und dabei ihre Würde behalten, aber angesichts der hohen arbeitstechnischen Belastung der Pflegekräfte ist das eine tägliche Herausforderung. Dass menschliche Pflege möglich ist, haben Sie hier im Pflegezentrum Moosach in den fünf Jahren seines Bestehens unter Beweis gestellt. Das weiß ich deshalb so genau, weil ich die Entwicklung dieses Hauses von der Grundsteinlegung an aufmerksam begleitet habe, als Landespolitikerin und als Moosacherin. Deshalb gratuliere ich Ihnen ganz herzlich zum 5. Geburtstag. Schön, dass es Sie in Moosach und für Moosach gibt!
Sie sind mit Ihrer Einrichtung ein echter Gewinn – nicht nur für die Bewohner und ihre Familien, sondern auch für unseren Stadtteil. Ihr Haus ist eine eigene kleine Lebenswelt, in der sich die Bewohner wohl fühlen. Aber genau wie ein richtiges Zuhause ist auch das Pflegezentrum keine Insel: Im Café und auf der Sonnenterrasse, bei Abendveranstaltungen oder im Literaturkreis – immer ist es eingebunden in das Moosacher Umfeld und die Nachbarschaft, und es steht in lebendigem Austausch mit den vielen bunten Aktivitäten unseres Stadtteils.
Damit nehmen Sie ein Stück Zukunft vorweg und beweisen, dass ein Leben in Würde und in lebenswerter Atmosphäre auch für Alte und Höchstaltrige möglich ist, auch außerhalb der Familie.
Das ist wichtig, und daran wird sich unsere Gesellschaft messen lassen müssen. Denn die Deutschen werden so alt wie nie zuvor, und das wird so bleiben. Vor allem jenseits der 80 steigt die Lebensdauer erheblich an, bis 2030 wird sich die Zahl der über 80-Jährigen verdoppeln. Die Zahl der Hundertjährigen ist geradezu explodiert. Für das deutsche Gesundheitssystem stellen diese Höchstaltrigen eine deutliche Herausforderung dar. Bis 2050, so schätzen Experten, wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen auf über 4 Millionen erhöhen, d.h. um 270 Prozent. Aus sozio-demographischen Gründen wird in Zukunft die häusliche Pflege durch Angehörige, die heute noch rund 70 Prozent ausmacht, massiv zurückgehen, so dass der Bedarf an Pflegekräften noch stärker steigen wird. Allerdings wird bis zum Jahr 2050 eine Zunahme der Pflegekräfte um lediglich 30 Prozent vorausgesagt. Das bedeutet, dass die Lücke zwischen Bedarf und Angebot an Pflegepersonal immer größer wird. Eine Studie der EU-Kommission von 2013 weist im Sektor „Pflege und verwandte Berufe“ europaweit schon jetzt über 40 Prozent offene Stellen aus, die meisten davon in Schweden, Deutschland und Großbritannien.
Die Personalfrage ist deshalb neben den gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Betroffenen der Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung menschenwürdiger Pflege in der Zukunft.
Wenn ich Pflegekräfte frage, welcher Bereich in ihrer Arbeit am problematischsten ist, dann sagen sie nicht als erstes: die Bezahlung. Sie sagen auch nicht: die schwere Arbeit. Sie sagen: die viel zu dünne Personaldecke. Denn die Menschen, die sich für einen Pflegeberuf entscheiden, machen das aus dem Wunsch heraus, anderen zu helfen. Das war z.B. das klare Ergebnis meines Runden Tisches zum Thema Pflege in München. Diese Motivation müssen wir viel stärker honorieren – damit diese hoch engagierten Menschen bestmögliche Arbeitsbedingungen vorfinden und ihren Wunschberuf leben können. Nur, wenn es uns gelingt, den Beruf attraktiv zu machen – und dazu gehört eine deutliche Entlastung durch einen besseren Pflegeschlüssel – nur dann können wir genügend Nachwuchs für diesen wichtigen Zukunftsberuf gewinnen.
Eine hohe Lebenserwartung ist eine Errungenschaft unserer sozialen Gesellschaft. Aber um im Alter in Würde leben zu können, muss der Rahmen dafür geschaffen werden. Auf Bundesebene sind die Pflegestärkungsgesetze I und II mit der Modernisierung der Pflegeversicherung und der Einführung von Pflegegraden ein Schritt in die richtige Richtung. Aber auch in Bayern müssen die Rahmenbedingungen umgesetzt werden, die in Zukunft menschenwürdige Pflege garantieren. Der Pflegeberuf in Bayern muss deutlich aufgewertet werden. Das betrifft den Lohn, aber auch die Arbeitsbedingungen. Die Einrichtungen müssen durch Investitionskostenzuschüsse bei der Sanierung und Instandhaltung ihrer Häuser unterstützt werden. Als Landtagsabgeordnete versichere ich Ihnen: Ich bleibe dran!
Dieser kleine Exkurs in die große Politik hat gezeigt: Im Pflegezentrum Moosach machen Sie alle schon heute alles richtig. Sie achten darauf, dass es dem Personal gut geht. Sie bieten den Bewohnern Pflege und Lebensqualität in Würde. Sie vernetzen sich mit Stadtteil und Ehrenamt.
Dafür sage ich als Moosacherin und als Politikerin heute am 5. Geburtstag DANKE! Und „weiter so!“
Ihre Diana Stachowitz