Sehr geehrter Herr Dr. Fichtner, sehr geehrter Herr Lihl, sehr geehrte Eltern, liebe junge Künstlerinnen und Künstler, verehrte Gäste,
ich freue mich, dass ich heute als Schirmherrin der „Skulpturenallee Menschenbilder“ Ihre Einweihungsfeier begleiten kann.
Ich habe die Entstehung Eurer Skulpturen anhand von Fotos im Nachhinein verfolgt. Und ich kann mir vorstellen, wie spannend es für Euch gewesen sein muss, aus einem am Anfang völlig unförmigen Stück Ton einen Kopf zu formen, der mit jedem Handgriff persönlicher wurde, lebendiger.
Michelangelo, ein berühmter italienischer Bildhauer aus der Renaissance, wurde einmal gefragt, wie es ihm möglich war, aus einem Marmorblock eine Statue zu erschaffen. Und Michelangelo antwortete: Die Figur war schon da. Ich musste nur den überflüssigen Marmor wegnehmen.
Vielleicht war es bei Euch so ähnlich. Ihr habt mit diesem Projekt den Blick auf Euch selbst und auf Eure Umwelt geschärft. Und dann habt Ihr das Bild, das in Euch entstanden ist, das Ihr Euch gemacht habt, von Euch oder von Euren Beobachtungen, aus dem Ton modelliert. Jetzt stehen sie hier, Eure fertigen Menschenbilder. Und ich bin begeistert. Jede Skulptur ist anders, besonders, einmalig - und alle haben trotzdem viele Gemeinsamkeiten. „Jeder Mensch ist ein Teil des anderen“, habe ich in der Projektskizze gelesen. Das stimmt. Deshalb können wir uns anderen mitteilen, uns sehen und verstehen. Auch, wenn wir aus unterschiedlichen Ländern kommen, aus anderen Kulturen. Aus verschiedenen Familien und familiären Hintergründen. Auch wenn wir alle anders denken und anders leben.
Die Skulpturen, die diesen Weg säumen, sind in ihrer bunten Vielfalt ein realistisches und hoffnungsfrohes Abbild Eurer Schule, Eures Umfeldes und unserer Stadt. Ich habe in dieser Schule im Rahmen meiner Demokratiestunde spannende Gespräche geführt und junge Menschen erlebt, die ein großes Interesse haben an der Welt um sich herum und Lust und Freude daran, sie besser zu machen, sozial gerechter und friedlicher.
Das ist wichtig, heute mehr denn je. Denn die Zukunft unserer Gesellschaft liegt in der Hand der jungen Menschen. An ihnen liegt es, ob der Traum eines großen Hauses, in dem Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen ihr Leben frei gestalten können, wahr wird. Deshalb suche ich als Politikerin und Parlamentarierin die Nähe ganz besonders zu Euch, zu den jungen Leuten. Damit ihr demokratisch mitentscheiden könnt, ist es wichtig, dass wir Politiker nicht nur zu Euch sprechen, sondern mit Euch, auf Augenhöhe, mit klaren Worten und deutlichen Inhalten. Dass wir auf Eure Fragen eingehen und Eure Kritik an der Politik nicht „wegbügeln“, sondern Eure Meinung ernst nehmen - und auch etwas von Euren Ideen mitnehmen in den politischen Alltag. Ich freue mich immer wieder über die Begeisterung, die ich in diesen Gesprächen mit der Jugend, mit Schülern und Studenten, erlebe, wenn es darum geht, eine gute, eine lebenswerte Gesellschaft mit zu gestalten.
Für mich sind die Skulpturen hier in dieser Grünanlage ein Ausdruck genau dieses Gestaltungswillens. Und ein Beweis dafür, dass Demokratie und Vielfalt keine Utopie sind, sondern das, was junge Menschen wollen und bereit sind, selbst zu leben. Ein großes Wir, eine Gemeinschaft der Vielfalt.
Dieses Wir-Gefühl über Grenzen von Nationen, Sprachen, Kulturen hinaus, müssen wir fördern, ganz besonders unter den jungen Menschen. Mit unterschiedlichen, mit kreativen Mitteln. Das tun Sie, lieber Herr Dr. Fichtner, in Ihrer Schule auf ganz besondere Weise. Sie fördern nicht nur die fachlichen Kompetenzen, sondern auch die so genannten „soft skills“, die soziale Kompetenz der jungen Menschen. Professionell und praxisnah weiten Sie in Ihrer Schule den Blick über den Horizont von theoretischem Unterrichtsstoff hinaus, mit spannenden und mit außergewöhnlichen Angeboten, zum Beispiel im Sport. Zum Beispiel, wie hier, mit praktisch erlebter Kunst. So machen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler fit für den erfolgreichen Weg nicht nur in den Beruf, sondern ins Leben und in die soziale Gemeinschaft.
Die „Skulpturenallee Menschenbilder“ ist ein Meilenstein auf diesem Weg. Ich finde es wunderbar, wie Sie, lieber Alexander Lihl, dieses Projekt mit den Schülern verwirklicht haben. Ich finde es gut und ich freue mich, dass die Stadt München hier unterstützt und gefördert hat. Ganz besonders schön finde ich, dass diese Köpfe viele Menschen, die auf ihrem Weg vorbeikommen, faszinieren können und dazu anregen, stehen zu bleiben, zu schauen und den eigenen Blick auf sich und andere zu schärfen. Um sich bei aller Buntheit und mit allen Unterschieden zu verstehen und zu akzeptieren. So geht Freiheit, so geht Toleranz, und so geht eine friedliche, demokratische Gesellschaft.